Paulus, die Evangelien und die Göttlichkeit Christi – eine Klarstellung

6. September 2025 | Autor: Amici Domenicani - Un sacerdote risponde

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Immer wieder tauchen Stimmen auf, die die Historizität Jesu oder die Glaubwürdigkeit der Evangelien infrage stellen. Ein jüngst erschienenes Buch behauptet sogar, es gebe Beweise dafür, dass der biblische Jesus Christus nicht real sei. Paulus und seine Gefährten hätten demnach aus Legenden über einen göttlichen Christus ein Konstrukt geschaffen, um die Stabilität des Römischen Reiches zu untergraben. Ja mehr noch: Die Apostel hätten sich angeblich mit Paulus abgesprochen.

Solche Thesen klingen provokant, doch sie halten einer sachlichen Prüfung nicht stand.

Paulus und die Evangelien

Zunächst ist festzuhalten: Paulus hat weder eines der Evangelien geschrieben, noch hat er Jesus „nach dem Fleisch“ gekannt. Das Evangelium wurde bereits verkündet, bevor Paulus überhaupt seine Bekehrung erlebte. Er selbst war zunächst ein Gegner des Christentums. Bei der Steinigung des heiligen Stephanus war er Zeuge und stimmte zu, weil er den Vorwurf der Gotteslästerung gegen Stephanus teilte. Dieser hatte vor dem Hohen Rat erklärt: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,56).“

Dass Christus „zur Rechten Gottes“ steht, bedeutet im biblischen Verständnis, dass er die volle Autorität Gottes selbst besitzt. Wer zur Rechten sitzt, teilt die Macht des Thrones. Die Göttlichkeit Jesu ist daher keine Erfindung des Paulus, sondern war von Anfang an das Zentrum des christlichen Glaubens. Paulus selbst bekämpfte diese Botschaft zunächst heftig – bis Christus selbst ihm erschien und ihn bekehrte.

Die Herkunft der Evangelien

Die Evangelien spiegeln nicht die Verkündigung des Paulus wider, sondern gehen auf die Apostel zurück:

* Das Markus-Evangelium fasst die Predigt des Petrus zusammen.

* Matthäus schrieb als Augenzeuge, der drei Jahre lang mit Christus unterwegs war.

* Johannes bezeugt von Anfang bis Ende seines Evangeliums die Göttlichkeit Jesu.

Die These, Paulus habe die Evangelien „erfunden“ oder verfälscht, widerspricht der historischen Entwicklung.

Paulus’ Bekehrung und seine Rolle

Paulus begegnete Christus erst Jahre nach dessen Himmelfahrt. Er war ursprünglich mit Vollmachten der Hohenpriester unterwegs, um Christen aufzuspüren und zu verfolgen. Nicht die Christen übernahmen also die Botschaft des Paulus – Paulus selbst bekehrte sich unter dem Licht Christi und übernahm die Verkündigung der ersten Christen.

Nach seiner Bekehrung zog er sich drei Jahre in die arabische Wüste zurück, ohne mit Aposteln Kontakt zu haben. Das Evangelium wurde in dieser Zeit unabhängig weiterverkündet. Erst später besuchte er Petrus und blieb 15 Tage bei ihm. Vierzehn Jahre danach suchte er erneut Jerusalem auf, um seine Verkündigung mit der der Apostel abzugleichen (Gal 2,1–2). Paulus wollte sich vergewissern, dass seine Mission nicht ins Leere lief – niemals aber verlangte er, dass die Apostel ihre Predigt an die seine anpassen sollten.

Die Frage nach einer „Absprache“

Die Vorstellung, die Apostel hätten sich abgesprochen, entbehrt jeder Grundlage. Wozu hätten sie es tun sollen? Sie hatten weder politische Macht noch ökonomische Vorteile. Viele von ihnen waren einfache Fischer, „Menschen ohne Bildung“ (Apg 4,13). Nach der Auferstehung Jesu waren sie aus Angst eingeschlossen. Erst das Pfingstereignis, die Herabkunft des Heiligen Geistes, verwandelte sie in furchtlose Verkünder.

Kritischer Geist und Ablehnung falscher Schriften

Auch darf man nicht meinen, die Menschen jener Zeit seien leichtgläubig gewesen. Gerade weil sie ein hartes Leben führten, waren sie nüchtern und kritisch. Ein Beweis dafür ist die sofortige Ablehnung der apokryphen Evangelien, die niemals Anerkennung fanden. Selbst ungläubige Juden stritten die Wahrheit der Evangelien nicht ab: Sie glaubten nicht daran, sie bekämpften sie – doch sie wussten, dass die überlieferten Berichte echt waren.

Die Antwort auf moderne Zweifel

Wer also heute mit Zweifeln konfrontiert wird, sollte sich nicht von oberflächlichen Behauptungen verunsichern lassen, sondern zu den Quellen selbst greifen: zu den Evangelien, zur Apostelgeschichte, zu den Briefen des Paulus und der anderen Apostel. In den Schriften selbst wird deutlich, dass Christus lebt, dass die Apostel Zeugen waren und dass Paulus sich in den Dienst dieser Wahrheit stellte.

Der Weg, solche Fragen zu klären, führt nicht über sensationslüsterne Bücher, sondern über die Heilige Schrift. Dort spricht Christus selbst – und dort wird der Glaube gestärkt.