Johann Baptist Maria von Vianney, Pfarrer von Ars - drittes Buch. Vianneys heroisches Leben. Von der Gründung der Providence bis zu deren Auflösung. 1825-1847.



Zweites Kapitel: Seine Verfolgungen vom Teufel



„Das Fasten“, sagt Bossuet in einer seiner Fastenpredigten, „kräftiget und stärket die Seele; je mehr wir unsern Körper durch Abtötung und Buße niederdrücken, desto mehr mindern wir die Kraft unsers unversöhnlichen Feindes. Zu gleicher Zeit aber erregt das auch die Wut der Teufel; denn ein fürchterlicher Neid nimmt sie gegen uns ein. Sie sehen, daß wir, der Natur nach geringer als sie, sie weit überragen an Gnade.“ Wie wahr diese Worte sind, zeigt in auffallender Weise das Leben unsers Pfarrers, der, wie die meisten Heiligen, große Verfolgungen des Teufels zu bestehen hatte. Heutzutage, wo die Weisheit der Welt den Teufel leugnet, werden vielleicht Einige versucht sein, über die Tatsachen, die wir hier in Kürze berichten wollen, zu lächeln; dies soll uns jedoch nicht abhalten, einfach zu berichten, was sich ereignet hat.

Seit sechs Jahren war Vianney in Ars; eben hatte er den armen, verlassenen Waisen eine Zufluchtsstätte eröffnet, als ein befremdendes Gepolter die Ruhe seiner Nächte und die Stille des Pfarrhauses zu stören begann. Anfänglich glaubte er, dieser Lärm ginge von Dieben aus, die in die Kirche einbrechen wollten; deshalb ersuchte er zwei mutige Männer, in dem Pfarrhause zu schlafen; sie kamen mehrere Nächte lang, hörten wohl den Lärm, entdeckten aber nichts. Als später viel Schnee gefallen war, hätte man, falls das Gepolter von Menschen herrührte, die Fußstapfen derselben entdecken müssen. Allein nirgends fand man eine Spur, und Vianney zweifelte nun nicht länger daran, daß die Ruhestörungen vom Teufel herrührten.

Sich in den Willen Gottes ergebend, bat er Gott sofort, ihn zu beschützen und zu behüten. Hatte der böse Feind es darauf abgesehen, den Pfarrer zu erschrecken, so hatte er sein Ziel vollkommen erreicht; denn Vianney gestand selbst, daß er anfänglich, wo ihm die Ursache des Lärmens noch unbekannt gewesen, fast vor Angst gestorben sei. Er hat auch bekannt, daß er einige Zeit vor diesen äußeren Kämpfen einen inneren Kampf zu bestehen gehabt habe. Er sah fortwährend die Hölle unter seinen Füßen, und eine Stimme sagte ihm, dort sei sein Platz schon zum Voraus bestimmt. Nachdem er diese Versuchung besiegt und überwunden hatte, war ihm der äußere Widerstand leichter; nichts desto weniger gehört eine große Standhaftigkeit und Seelenstärke dazu, diesen Lärmen, der nicht nur einige Wochen, sondern 35 Jahre lang andauerte, zu ertragen. Gewöhnlich begann das Gepolter mit drei starken Schlägen um Mitternacht an die Haustüre, dann kam es die Treppe herauf, zuweilen in des Pfarrers Zimmer und war nicht selten mit Hohngelächter und Spottreden verbunden. Oft glaubte man ein Regiment Kavallerie oder das Geräusch vieler Stimmen zu hören.

Diese Geschichten machten natürlich viel Lärmen im Dorfe und der Umgegend und fanden die verschiedenartigsten Beurteilungen. Jedenfalls ist anzunehmen, daß Vianney, der gute Augen und ein feines Gehör hatte, dabei weder leichtgläubig, noch exaltiert, auch nicht der Spielball einer Täuschung war; ebenso wenig kann man glauben, daß er, über dessen Lippen nie die kleinste Lüge kam, hätte täuschen wollen, und überdies die Vorfälle sich so oft wiederholten. Er sprach gerne davon, und Catharina Lassagne teilt in ihren Notizen mit, was sie Tag für Tag aus dem Munde des Pfarrers vernommen hatte; alle ihre Angaben tragen das Gepräge der Wahrheit, sie sind klar und einfach.

Dennoch dauerte das Leugnen der Tatsachen noch fort und war namentlich stark unter dem Klerus. „Würde der Pfarrer von Ars“, so sagten sie, „ein Leben führen wie andere Leute, nähme er die gehörige Nahrung zu sich und würde er sich Ruhe gönnen, so würde seine Einbildungskraft sich bald beruhigen.“ Dergleichen Reden führten alle, bis man sich überzeugte, daß auch andere denselben Lärmen vernahmen wie der Pfarrer von Ars. Bei Gelegenheit einer Mission, die in einer benachbarten Ortschaft stattfand, war Vianney von dem dortigen Pfarrer gebeten worden, ihn bei der Mission zu unterstützen. Unser Pfarrer ging hin und traf dort noch mehrere seiner Amtsbrüder, die gleich ihm zur Aushilfe sich eingefunden hatten. Diese, welche auch von den diabolischen Nachstellungen gehört hatten, sagten zu ihm: „Nun, lieber Pfarrer, tue du wie die andern; nähre dich besser, das ist das beste Mittel, um mit diesen Teufeleien zu Ende zu kommen.“

Eines Abends besonders wurde die Diskussion sehr lebhaft, und manches harte Wort entschlüpfte den Anwesenden. Der gute Pfarrer achtete indessen nicht viel darauf; er zog sich in sein Zimmer zurück, ohne irgendwie beleidigt zu sein. Etwas später begaben sich auch die andern zur Ruhe. Gegen Mitternacht fuhren plötzlich alle in die Höhe, denn ein Höllenlärm erfüllte das ganze Haus; Türen schlugen auf und zu, Fenster klirrten, die Wände erdröhnten, und ein lautes Krachen ließ den Einsturz des Hauses befürchten. Alle stürzten sich in Vianneys Zimmer, den man ruhig im Bette liegend findet. „Steh doch auf“, rufen sie ihm zu, „das Pfarrhaus stürzt ein!“ „Ich weiß schon, was das ist“, antwortete er ruhig, „geht nur ruhig schlafen, es ist nichts zu befürchten.“

Man beruhigte sich, und der Lärm hörte auf. Eine Stunde später, als alles still und ruhig war, schellt es an der Haustüre, und ein Mann erschien, der mehrere Meilen weit hergekommen war und zu beichten wünschte. – Dergleichen ereignete sich öfters in dem Leben unseres Pfarrers; es war gleichsam, als ob der Teufel mit Anwendung seiner ganzen Macht sich widersetzen wolle, wenn ein großer Sünder im Begriffe stand, den Beichtstuhl Vianneys aufzusuchen. Dieser hatte das schon längst gemerkt und klagte deshalb nie über dergleichen Ruhestörungen, sondern freute sich der bevorstehenden Ankunft eines reumütigen Sünders.

Indessen machte der Teufel sich nicht nur durch Gepolter und Lärmen bemerkbar, sondern er versuchte die verschiedenartigsten Formen, um Vianney zu foltern; er ließ laute Rufe, Klagen, Geheul, Pfeifen und dergleichen ertönen; einmal hob er ihn in die Luft, ein andermal schleifte er ihn am Boden umher u. dgl. – Als er einst wieder nach einem andern Dorfe zum Predigen und Beichthören ging, glaubte er, der Teufel wolle ihn umbringen; er aber empfahl sich dem Schutze der heiligen Jungfrau und schritt wohlgemut voran, in der freudigen Hoffnung, es werde ihm gelingen, Seelen zu retten, und wirklich hatte auch sein Wirken den besten Erfolg in dieser Pfarrei.

Wollten wir jedoch die ganze Reihe der Verfolgungen aufzählen, so würden wir nicht zu Ende kommen. Oft sprach der Pfarrer von diesem Treiben des Teufels und sagte, wenn es gerade recht arg gewesen: „Ich meine, es ist ein gutes Zeichen.“

Gegen das Ende seines Lebens waren diese Angriffe weniger heftig, in den letzten sechs Monaten hörten sie ganz auf.

Drei Jahre vor seinem Tode geriet Vianneys Bett in Flammen; nach der eigentümlichen Erscheinung von Tatsachen, die durch viele Zeugen bestätigt sind, kann man kaum etwas anderes annehmen, als es sei dies ein Werk des Teufels gewesen.

Man feierte in Ars gerade zum ersten Male das vierzigstündige Gebet bei Gelegenheit der Fastnachtstage, wozu eine ungeheuer große Volksmasse sich eingefunden hatte. Der Missionspriester, der dem Pfarrer von Ars zur Hilfe in der Seelsorge beigegeben war und in der Providence lebte, bemerkte einen starken Brand- und Rauchgeruch, als er sich frühmorgens zur Kirche begab. Gegen sieben Uhr hatte er seine kirchlichen Pflichten erfüllt und kehrte nach Hause zurück. Da gewahrt er vor dem Pfarrhause einen großen Volkshaufen; auf allen Gesichtern las man den Ausdruck von Heiterkeit: „Was ist los?“ fragte der Missionär. – „Was? Wissen Sie nicht, daß der Teufel diese Nacht Feuer an das Bett des Pfarrers gelegt hat. Sehen Sie!“

Und wirklich sah er durch die geöffnete Tür die halbverbrannten Trümmer; er trat ein, ging auf Vianneys Zimmer los, wo alles in Unordnung war und die Spuren einer kaum gelöschten Feuersbrunst trug. Das Bett, der Betthimmel, die Vorhänge, einige Bilder, die Vianney sehr verehrte – alles war verbrannt. Das Feuer hatte an dem Reliquienkästchen der heiligen Philomena begonnen, hatte eine gerade Linie gezogen; auf der einen Seite dieser Linie war alles verschont, auf der anderen alles zerstört. Auffallend war noch, daß die Zimmerdecke ganz schwarz geworden und unbegreiflicherweise doch nicht in Flammen aufgelodert war. Vianney ging schweigend umher; erst nach der heiligen Messe sagte er zu dem Missionär: „Schon lange habe ich Gott um diese Gnade gebeten, und nun hat er mich erhört. Ich denke, diesmal bin ich doch endlich der Ärmste in meiner Pfarrei. Alle haben ihr Bett, und ich, Gott sei Dank! keines mehr.“

„Armer, Herr Pfarrer“ - antwortete ihm der Missionär. – „O,“ erwiderte er, „das ist weniger ein Unglück, als die kleinste Sünde es wäre!“

Später fragte man ihn, ob er auch das Ereignis als einen Streich des Teufels betrachte, wie alle glaubten, und er erwiderte: „Das ist sehr klar. Da er den Mann nicht hat verbrennen können, so hat er sich wenigstens das Vergnügen machen wollen, sein Bett zu verbrennen. Er ist sehr in Wut; das ist ein gutes Zeichen. Es werden Sünder und Geld kommen.“ – „Der Teufel,“ fügte er bei, „ist nie erboster, als wenn er sieht, daß wir uns desselben Geldes zum Heile der Seelen bedienen, das er zu ihrem Untergange benutzt.“– Wirklich erhielt Vianney in derselben Zeit namhafte Summen für sein Missionswerk, und zugleich traf eine große Schar von Pilgern ein.

Wie wir schon mehrfach erwähnt haben, wurde der Lärm auch von anderen Personen gehört; zwei Beweise dafür wollen wir noch kurz anführen. Ein Verwandter Vianneys, ein junger Priester, dessen Schritte der Pfarrer von Ars mit Liebe geleitet hatte, kam zu ihm, um Exerzitien zu halten. Dieser hörte jede Nacht das Lärmen und äußerte sein Mitleiden mit dieser peinlichen Qual des Pfarrers.

Der zweite Fall betraf einen Gendarmerie-Brigadier, der um Mitternacht mit anderen Gläubigen an der Kirchtür die Ankunft des Pfarrers erwartete. Die Unruhe in seinem Innern veranlasste ihn jedoch, umherzuwandeln; er näherte sich dem Pfarrhause, von seinem inneren Kampfe beunruhigt; da hört er plötzlich einen fremdartigen Lärm, der vom Pfarrhause ausging; er konnte deutlich die Worte unterscheiden: „Vianney! Komm doch!“ Entsetzt entfernte er sich. Als es ein Uhr geschlagen hatte, erschien der Pfarrer mit einem Licht in der Hand, beruhigte den Mann, führte ihn zur Kirche und sprach dort zu ihm: „Mein Freund! Sie haben Leidwesen. Sie haben an den Folgen des Wochenbettes Ihre Frau verloren. Aber haben Sie Vertrauen. Der liebe Gott wird Ihnen zu Hilfe kommen. Zuvor müssen Sie Ihr Gewissen in Ordnung bringen; dann werden Sie in Ihre Geschäfte leichter Ordnung bringen.“ – „Ich versuchte es nicht zu widerstehen,“ sagte der Gendarm; „ich fiel auf die Knie wie ein Kind und begann meine Beichte. In meiner Verwirrung konnte ich kaum zwei Begriffe verbinden; aber der gute Pfarrer half mir. Er war bald bis auf den Boden meiner Seele gedrungen. Er offenbarte mir Dinge, die er unmöglich wissen konnte, und die mich über alle Maßen in Erstaunen setzten. Ich hätte nicht geglaubt, dass man so in den Herzen lesen könnte.“

Eine Art von Tätigkeit unseres Pfarrers müssen wir noch erwähnen, ehe wir dieses Kapitel schließen, nämlich die Beschwörungen. Öfters kamen nach Ars Personen, die in mehr oder weniger evidenter Weise besessen waren, und diese fanden Erleichterung und Trost bei ihm. Zwar gestand Vianney es aus Demut und Klugheit nicht zu und sprach nicht darüber; allein er übte in- und außerhalb des Beichtstuhles den Exorzismus, und häufig konnte man wahrnehmen, wie solche Unglückliche mitten im Schreien stille wurden, sobald Vianney den Segen über sie gesprochen hatte. Ein Fall ist besonders merkwürdig: Eine besessene Frau kam nach Ars, mit welcher Vianney in Gegenwart von acht Personen eine Unterredung führte, in welcher der Teufel Vianney vorwarf, wie viel er durch ihn leiden müsse.

Eine andere Unglückliche sagte zu Vianney: „Du hast mir achtzigtausend Seelen entrissen.“ Die Tochter dieser armen Frau war zugegen; er forderte sie auf, eine neuntägige Andacht zu beginnen und die Mutter am nächsten Tag zu ihm in die Sakristei zu führen: „Ich werde sie dort beichten hören nach der heiligen Messe. Warte dann dort,“ fügte er bei, „lass sie niederknien, ich werde ihr meinen Segen geben.“ – Am andern Tag suchte das Mädchen sieben Männer zusammenzubringen, die ihre Mutter nach der Kirche führen sollten. Man machte sie darauf aufmerksam, daß der Pfarrer ihr gesagt habe, sie selbst solle die Mutter hinführen, sie werde somit keiner Hilfe bedürfen – und wirklich leistete die Besessene keinen Widerstand und folgte wie ein Lamm. Dieselbe blieb zehn Tage in Ars, legte eine Generalbeichte ab, empfing die heilige Kommunion und verließ Ars viel ruhiger, als sie gekommen.

Die Tatsachen, die wir in diesem Kapitel berichteten, stehen nicht vereinzelt da; wir finden dergleichen Verfolgungen des Teufels in dem Leben vieler großer Heiliger, wie z.B. im Leben des hl. Antonius, Hilarion, Franziskus von Assisi, Antonius von Padua, der hl. Katharina von Genua, Franziska Romana, Lidwina, Theresia, Crescentia von Kaufbeuern und mehreren andern – durch alle Jahrhunderte hindurch bis zu unseren Zeiten.