Johann Baptist Maria von Vianney, Pfarrer von Ars - viertes Buch. Vianneys apostolisches Leben.



Dritte Kapitel: Heilungen und Belehrungen.



Die heilige Kirche hat stets Wunder anerkannt und ihr Glaube gründet sich auf die innige Vereinigung mit Christus dem Herrn, der seiner Kirche verheißen hat, bis ans Ende bei ihr zu sein. Ist der göttliche Beistand nun aber der Kirche gewiss, so ist und muss notwendig das göttliche Walten auch fühlbar sein. Was nun ist aber das Wunder anders, als ein Eingreifen Gottes in die Gesetze der Natur? Sollte aber der, der die Welt erschaffen, der den Sternen ihren Lauf bezeichnet und das Weltall regiert und erhält durch Gesetze, die seine Weisheit und Allmacht gegeben, nicht in diese Gesetze eingreifen dürfen? Sollte er nicht im Stande sein, ein Werk zu vollbringen, was nicht gegen die Naturgesetze ist, sondern über denselben steht? Heut zu Tage freilich will der Unglaube nichts von Wundern wissen, man lächelt und zuckt verächtlich die Achseln; allein das ändert nichts an der Sache. Nun lehrt uns die Kirche, dass Gott zwar der Vater aller Menschen ist, dass er seine Wohltaten Allen spendet und das Flehen aller seiner Kinder erhört; aber dennoch dies in ganz besonderer Weise seinen Auserwählten gegenüber tut. Darum rufen wir denn auch die Heiligen um ihre Fürbitte an.

Nimmt man aber im Allgemeinen Wunder an, so folgt daraus, dass es bei einem vorkommenden Wunder sich nur mehr darum handelt, die Tatsache festzustellen, d. h. mit andern Worten durch untrügliche Beweise zu bestätigen, dass wirklich ein wunderbares Ereignis stattgefunden hat. Es ist deshalb auch unsere Aufgabe, zu beweisen, dass in Ars Wunder vorgekommen sind, und um diesen Zweck zu erreichen, werden wir einige wunderbare Heilungen und Bekehrungen berichten und durch Zeugen beglaubigen. Alle Wunder anzuführen, die in Ars geschehen sind, das wäre unmöglich, und selbst die Angabe derer, welche in dem Werke des Abbé Monin enthalten sind, würde uns zu weit führen. Wozu auch? Es genügt festzustellen, dass wunderbare Ereignisse vorgekommen sind.

Catharina Lassagne schreibt: „Der Pfarrer verheimlicht die Gnaden, die er empfängt; aber er erlangt viele.“ Darnach berichtet sie die wunderbare Heilung von einer Vorsteherin der Providence, die schon im Todeskampfe lag und plötzlich geheilt worden. Der Arzt selbst erklärte, dass die Genesung nur durch ein Wunder zu erklären sei.

Sodann erzählt sie, wie sie eines Tages einer armen Frau eine abgelegte Kopfbedeckung des Pfarrers gegeben habe. Die arme Frau habe sie ihrem Knaben aufgesetzt, der stark verletzt war, indem sie die Meinung gemacht, ihr Kind möge durch die Fürbitte des Pfarrers geheilt werden. Sie wurde erhört.

Die nun folgenden Heilungen und noch mehrere andere sind durch authentische Akte bestätigt und beglaubigt.

Am 24. Juli 1848 erhielt ein kleines zwölfjähriges Mädchen, Namens Franziska Volet, den Gebrauch ihrer Füße wieder, nachdem sie seit fünf Jahren durch eine schwere Krankheit gelähmt war.

Am 17. August 1856 schrieb man aus Ars: „Eine Tochter der Alpen hatte vor drei Jahren im Nervenfieber die Sprache verloren und konnte nur schriftlich mit andern verkehren. Sie hielt eine Novene, die sie durch die heilige Kommunion schloss. In dem Augenblicke, wo sie ihre Danksagung verrichten wollte, konnte sie sprechen. Der Pfarrer in dem Geburtsorte der Geheilten und sechs andere Priester, die Augenzeugen waren, bestätigen die Wahrheit dieses Wunders.

Ein Mädchen, das an Epilepsie litt, hatte keinen Anfall dieser traurigen Krankheit, so lange sie eine vom Pfarrer von Ars geweihte Medaille der heiligen Philomena trug. Sie verlor die Medaille und die Anfälle zeigten sich von neuem. Deshalb bittet ihre Schwester um andere Medaillen.

Frau Daumas litt an einer Rückenmarkskrankheit, die von den Ärzten als unheilbar bezeichnet worden. Sie hielt auf Anraten Vianneys eine neuntägige Andacht zur heiligen Philomena. Schon im Laufe dieser Tage verminderte sich die Krankheit, und am neunten Tage konnte sie einer Wallfahrt sich anschließen. Diese Heilung ist von mehreren Bürgern von Marseille bestätigt, mit dem Beifügen, dass sie seitdem vollkommen gesund sei.

Im Sommer 1858 ereignete sich eine Heilung, von der alle Pilger und die ganze Pfarrei Zeuge war. Ein junger Mensch von Puy-de-Dome, der nur mühsam mit Krücken gehen konnte, stellte sich vor Vianney und sprach zu ihm: „Mein Vater, glauben Sie, dass ich meine Krücken werde hier lassen können?“ „Die haben Sie ja nötig, lieber Freund,“ so lautete die Antwort. Der arme Kranke richtete dieselbe Frage zu verschiedenen Malen an den Pfarrer. Am Himmelfahrtstage hatte sich eine große Menschenmasse für den Abendgottesdienst versammelt; Vianney wollte eben die Kanzel besteigen, da näherte sich ihm der Lahme nochmals mit derselben Frage, und Vianney erwiderte diesmal: „Nun ja, mein Freund, wenn Sie Glauben haben.“ In demselben Augenblicke warf der Kranke die Krücken weg und ging frei umher, Angesichts der ganzen Versammlung. Aus Dankbarkeit trat der junge Mensch als Bruder in einen Orden.

Mit diesen Zeugnissen, deren Zahl zu groß ist, um sie alle anzuführen, stimmt die öffentliche Meinung all Jener überein, die Ars besucht haben; Alle bekennen mit lauter Stimme die Wunder, deren Augenzeugen sie gewesen. Viele Tausende von Kranken aller Art kamen nach Ars, viele aus ihnen wurden wunderbar geheilt, und die, welche keine Heilung gefunden, fanden wenigstens Kraft und Ergebung in Gottes heiligen Willen. Vianney hat sie Alle mit Güte aufgenommen, sie getröstet und gestärkt; aber nicht allen hat er Besserung versprochen. Oft sprach man mit ihm von einer sehr frommen Person, die ihr schweres Leiden wie ein Engel der Geduld ertrug, worauf er jedesmal erwiderte:

„Dieses Kreuz ist wohl angebracht.“

„Aber sie leidet doch so sehr, darf sie keine Erleichterung hoffen?“

„O ja, im Himmel!“

Ein kranker Ordensmann ging auf den Wunsch seines Oberen nach Ars; der Pfarrer aber sprach zu ihm: „Man muss wollen, was der liebe Gott will. Er will uns durch Geduld heiligen. In der Stunde des Todes werden Sie es einsehen, dass Sie durch diese Krankheit mehr Seelen gerettet haben, als Sie bei Gesundheit durch die Werke ihres Seeleneifers gewonnen hätten.“

Indem wir hiermit den Bericht über die wunderbaren, in Ars vorgekommenen Heilungen schließen, möchten wir nur noch ein Wort für jene aus unseren Lesern beifügen, denen es schwer wird, an Wunder zu glauben. Wir behaupten nämlich, dass unter allen Wundern, die in Ars geschehen sind, wohl keines größer war, als der Pfarrer von Ars selbst, und dies nicht nur in seinem geistigen Leben, das ein fortlaufendes Wunder der Gnade war, sondern auch in seinem leiblichen Leben.

Vierzig Jahre lang wirkte er in der geschilderten Weise, fast ohne Nahrung, ohne Schlaf, ohne Ruhe. Ist es natürlich zu erklären, dass ein Mensch solches auszuhalten vermag?

Doch wir begegnen in Ars nicht nur den wunderbaren Heilungen körperlicher Gebrechen und Krankheiten, sondern noch anderen Wundern, weit erhabener und großartiger, den wunderbaren Bekehrungen nämlich. Für den Christen gibt es kein rührenderes Schauspiel, als die Rückkehr des Sünders zu Gott, zu seinem Vater und somit zu der Bestimmung des Menschen, der geschaffen ist, um Gott zu kennen, ihn zu lieben und dereinstens selig zu werden.

Für eine Gott liebende Seele kann es daher kein erhabeneres Geschäft geben, als an der Bekehrung der Sünder zu arbeiten. Sie kann dadurch die Ehre Gottes und das Heil der Seelen befördern. Wenn dies nun auch hauptsächlich die Pflicht und Aufgabe des Priesters ist, so kann ein jeder in seinem Kreise darin mitwirken, dadurch, dass er an seiner eigenen Vervollkommnung arbeitet, und durch Wort und Beispiel auch andere Gott zuführt.

Welche Gnade nun aber ganz vorzüglich mit der priesterlichen Würde verbunden ist und was ein Priester zu leisten vermag, das sehen wir am Beispiele Vianneys, wenn auch nicht jeder dazu berufen ist, so Außerordentliches zu leisten.

Wir haben schon oben gesehen, dass Vianney, wenn es sich um die Bekehrung eines Sünders handelte, sich durch noch strengeres Fasten und verdoppeltes Gebet vorbereitete, dass er alle Strafen auf sich nahm und den Sünder mit der größten Milde, Sanftmut und Liebe behandelte. Die Sünder sahen seine Augen voll Tränen; diese Tränen, dieser milde Blick haben vielleicht mehr Seelen erschüttert als seine Worte. Dazu kam noch sein ganzes, nur der Liebe Gottes und dem Wohle der Menschen geweihtes Leben; daher wirkte ein Blick und ein Wort von ihm oft mehr, als die eindringlichsten Ermahnungen.

Wir können hier nicht in die Einzelheiten der vorgekommenen Bekehrungen eingehen, das würde uns einestheils zu weit führen und andernteils dennoch ein Stückwerk bleiben; denn wie viele werden still und ruhig den Beichtstuhl und die Kirche als neugeborene Menschen verlassen haben! Wer kennt die Geheimnisse des menschlichen Herzens? Nur einige Beispiele wollen wir anführen.

Eine jansenistische Frau, die, wie alle Anhänger dieser Sekte, mit Starrköpfigkeit auf ihre Wissenschaft pochte, und allgemein als eifrige Anhängerin der Sekte bekannt war, kam merkwürdiger Weise an einem Muttergottesfeste nach Ars. Sie wohnte der Vesper bei, beobachtete den Pfarrer mit scharfem Auge und trat dann zur allgemeinen Verwunderung zum Beichtstuhl Vianneys hin. Sie blieb lange darin; allein was der Anblick des Pfarrers begonnen, vollendeten seine Worte. Sie bekehrte sich gründlich, ließ sich unterrichten und empfing dann die heiligen Sakramente. Um den Anfeindungen ihrer früheren Religionsgenossen zu entgehen, ließ sie sich in Ars nieder und führte ein musterhaftes und erbauliches Leben.

Einige Zeit später fand die Bekehrung eines Gelehrten aus Lyon, Namens Massiat, statt. Derselbe erzählt selbst seine Bekehrung und berichtet, wie er auf einer Reise einen ihm befreundeten Greis getroffen habe, der im Begriffe stand, nach Ars zu fahren und ihn aufforderte, sich ihm beizugesellen: „Kommen Sie mit,“ sprach er, „Sie werden in Ars einen Pfarrer sehen, der Wunder tut.“ „Wunder! ich habe noch nie an Wunder geglaubt.“ - „Kommen Sie nur mit, Sie werden dort sehen und glauben.“ - „Nun, ich will Ihnen etwas sagen: Wenn Sie mich da gläubig machen, dann können Sie von einem Wunder sprechen; also gut! ich habe Zeit vor mir, ich will Sie begleiten.“

Massiat und sein Freund stiegen in demselben Gasthause ab. In aller Frühe weckte der Greis Massiat und sprach zu ihm: „Wollen Sie mir ein Vergnügen machen, so gehen Sie mit mir zur Messe.“ „Zur Messe? Die habe ich seit meiner ersten Kommunion nicht mehr besucht. Können Sie die Bitte nicht ändern?“ „Gehen Sie mir zu Liebe mit. Sie können dort den Pfarrer sehen und beurteilen. Ich bitte Sie nur um das Eine, recht gut aufzumerken. Ich werde Ihnen eine Stelle aussuchen, wo Sie ihn recht gut sehen und beobachten können.“ „Daran liegt mir wenig; indessen ich stehe zu Ihren Diensten.“

Beide stellten sich nun der Sakristei gegenüber; alsbald trat Vianney im Messgewande aus derselben, und sein Blick fiel beim Heraustreten auf Herrn Massiat; beider Blicke begegneten sich. Massiat versichert, daß dieser eine Blick ihn bis auf den Grund des Herzens getroffen habe; unwillkürlich verneigte er sich und bedeckte sein Antlitz mit beiden Händen. Nach der Messe wollte er die Kirche verlassen; als er aber an der Sakristei vorüber kam, hörte er eine Stimme, die den in der Sakristei Versammelten zurief: „Gehet alle hinaus!“ In demselben Augenblick legte sich eine magere Hand auf seine Schulter und zog ihn mit unwiderstehlicher Gewalt in die Sakristei; hinter ihnen schloss sich die Tür. Massiat befand sich nun dem gegenüber, dessen Blick ihn vorhin niedergeschmettert hatte.

Er vermochte kaum ein Wort hervorzubringen, stotternd sagte er: „Herr Pfarrer, ich habe eine große Last auf den Schultern, die mich zu Boden drückt“ Dieser antwortete ihm voll Milde und Liebe: „Mein Freund! ich muss Sie dieser Last schleunigst entheben. Knieen Sie sich nieder und erzählen Sie mir Ihr armseliges Leben; dann wird der Herr die Bürde von Ihnen nehmen, denn er hat ja gesagt: „Kommet zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“

Herr Massiat legte nun eine vollständige Beichte ab, er schilderte sein ganzes Leben von der ersten Kommunion an. Vianney vergoss heiße Tränen und rief mehrmals aus: „Ach! wie gut ist unser Gott, wie sehr hat er Sie geliebt.“ Massiat weinte nicht, allein er fühlte sich erleichtert; Vianney entließ ihn mit der Aufforderung, am folgenden Tage wiederzukommen und inzwischen zum Altare der heil. Philomena zu gehen, um dort durch die Fürbitte der Heiligen die Gnade der Bekehrung zu erlangen. Tags darauf erhielt er die Lossprechung; er blieb hierauf noch einige Tage in Ars und kehrte dann als ein neuer Mensch nach Hause zurück. Er hatte seine erste Kommunion zur Zeit der Schreckensherrschaft gemacht, war dann als siebzehnjähriger Jüngling einem höheren Offizier nach Ägypten gefolgt, wo er Muselmann, dann Jude und Protestant geworden war. Zwei Jahre nach seiner Bekehrung ist er gottselig und echt christlich gestorben.

Ein junger Mensch, der eine christliche Erziehung erhalten hatte, war schon früh in die öffentlichen Anstalten eingetreten und gerade die von ihm besuchte Lehranstalt war mit ungläubigen Professoren beseht. Das Beispiel und die Lehrweise der Professoren wirkten indessen um so schneller auf den Schüler, als man diesem im elterlichen Hause Achtung und Ehrfurcht vor dem Alter und der gesetzmäßigen Autorität eingeprägt hatte; es war also nicht zu wundern, dass er nach dem Beispiele seiner Lehrer dem Materialismus anheimfiel. Er hatte von Ars reden hören und begab sich dahin, um, wie er sagte, den Schauspieler und die Komödie zu sehen.

An dem Tage seiner Ankunft waren gerade zwei Heilungen vorgekommen, und obwohl der junge Mensch dieselben nicht glauben wollte und überall Erkundigungen einzog, um dieselben leugnen zu können, waren die Beweise so unzweideutig, dass er ganz verwirrt wurde und sich demgemäß zu einer Unterredung mit Vianney entschloss.

„Herr Pfarrer“, sprach er zu ihm, ich bin ungläubig; dennoch muss ich bekennen, dass die beiden Heilungen, deren Zeuge ich gewesen, mir viel zu schaffen machen. Ich wüsste nicht, um was ich Besseres bitten sollte, als doch etwas zu glauben, und Sie würden mich sehr verpflichten, wenn Sie mir ein Mittel angeben wollten, wie ich dazu gelangen kann.“

„Mein Freund,“ antwortete Vianney, „wenden Sie sich Gott zu, und Gott wird sich Ihnen zuwenden. Seine Gnade wird Sie erleuchten und Sie werden glauben. Sie müssen beichten.“

Diese Worte trafen das Herz des jungen Menschen. Zuerst verwirrt und unzusammenhängende Worte sprechend, fiel er nach einigen Augenblicken auf die Knie und legte die Beichte ab. Hierauf verweilte er noch einen ganzen Monat in Ars, um sich in der Kenntnis der Religionswahrheiten noch mehr zu befestigen und verließ das Dorf als ein echter katholischer Christ.

Kurze Zeit nach Vianneys Tode erhielten die Priester in Ars einen Brief von einem Ordensmanne , der vor Jahren in Ars gewesen. Er erzählt in demselben die Geschichte seiner in Ars vorgekommenen Bekehrung.

Er hatte eine fromme, brave Mutter; aber er wurde schon früh von ihr getrennt und kam zu einem ungläubigen Verwandten in die Lehre. Als die Lehrjahre vorüber waren und er in den Schoss seiner Familie zurückkehrte, gewahrte die betrübte Mutter nur zu bald, welche Veränderung mit ihm vorgegangen sei. Wie eine andere Monika bat und beschwor sie unter Tränen ihren Sohn, zu Gott zurückzukehren, sich mit ihm im heiligen Sakramente der Buße auszusöhnen. Doch vergeblich; vier Jahre lang widerstand er ihren Bitten; alles, was sie von ihm erlangen konnte, war das Versprechen, täglich drei Ave Maria zu beten. Die fromme Mutter betete unaufhörlich um die Bekehrung ihres Sohnes und schlug demselben endlich vor, sie nach Ars zu begleiten.

Anfänglich lachte der Sohn sie aus; allein zuletzt erhielt doch die kindliche Pietät die Oberhand, und er begleitete seine Mutter dorthin. Daselbst angekommen, fand er zwei leichtsinnige Kameraden, mit denen er sich bald bekannt machte, während seine tiefbetrübte Mutter bittere Tränen über dieses neue Hindernis vergoss und um so eifriger bemüht war, zu Vianney zu gelangen. Dieser gab ihr gute Hoffnung für die Bekehrung ihrer Sohnes. Als der Pfarrer die tägliche Katechese hielt, nahm sie ihren Sohn mit zur Kirche; die außerordentliche Magerkeit und Abgezehrtheit des Pfarrers übte auf den jungen Menschen sogleich einen erschütternden Eindruck aus, der noch vermehrt wurde, als Vianney sein lebendiges und durchdringendes Auge auf ihn heftete; es schien ihm, als ob dieser Blick im Innersten seines Lebens lesen könne.

Später ging er lachend und scherzend mit seinen beiden Gefährten, im Dorfe umher, da kam plötzlich der Pfarrer dicht an ihnen vorüber; sie grüßten ihn und er warf, freundlich den Gruß erwidernd, wieder einen dieser Herz und Geist erschütternden Blicke auf sie.

Auf dringendes Bitten seiner Mutter begleitete er sie nochmals zur Kirche, wo Vianney eben die Männer Beicht hörte. Wie erstaunte er nun, als Vianney ihm ein Zeichen gab und den unbewusst ihm Gehorchenden in die Sakristei führte! Er schloss die Türe, nahm im Beichtstuhl Platz und forderte den jungen Menschen auf, niederzuknien; er tat dies, blieb jedoch still und unbeweglich knien; der Pfarrer richtete eine kurze und eindringliche Ermahnung an ihn und vergoss zuletzt bittere Tränen. Da brach endlich die um das Herz des jungen Mannes gelagerte Eisrinde. Tags darauf empfing er die Absolution und trat dann später auf den Rat Vianneys in einen Orden.

In den uns vorliegenden Berichten finden wir noch mannigfache Tatsachen aufgeführt, jedoch würde es uns zu weit führen, wollten wir dieselben alle anführen; wir begnügen uns mit der Bemerkung, dass wir Bekehrungen antreffen bei allen Schichten der menschlichen Gesellschaft: hochgestellte, angesehene Männer, Weltdamen aus den höchsten Ständen, Gelehrte und Leute aus dem Volke; Jünglinge und Greise; Männer, die ganz vom Glauben abgefallen waren und solche, deren Anzahl heutzutage nach Tausenden zählt, die sich dem Indifferentismus in Glaubenssachen ergeben und nur Sinn und Geschmack für weltliche Geschäfte haben.