Johann Baptist Maria von Vianney, Pfarrer von Ars - zweites Buch. Vianneys Leben als Pfarrer. Vom Beginn seines Pfarramtes bis zum Beginn der Pilgerfahrten nach ars. 1818-1825.



Viertes Kapitel: Seinse Sorge für einen würdigen Gottesdienst und die Auschmückung seiner Kirche. Errichtung mehrerer Kapellen.



Als Vianney nach Ars kam, fand er die Kirche kahl und dem Verfall nahe. Das tat ihm weh; denn einesteils wußte er nur zu gut, wie sehr ein feierlicher und würdiger Gottesdienst, verbunden mit einer passend geschmückten Kirche, den Menschen, der eben nicht nur Geist ist, sondern auch einen Leib hat, auf den die äußern Eindrücke durch die Sinne wirken, zur Erhöhung der Andacht beiträgt; er hatte dies ja in den Tagen seiner Kindheit selbst erfahren. Andrerseits schmerzte es ihn, seinen Heiland in solcher Armut zu sehen; wohl liebte er die heilige Armut für sich, aber sein Herr und Gott sollte von einem seiner göttlichen Majestät möglichst entsprechenden Glanz umgeben sein.

Gleich anfangs entwarf er für die Restauration seiner Kirche einen Plan und begann mit dem Hochaltar. Der alte, der schon ursprünglich mehr als einfach gewesen war, fiel nun vor Alter fast zusammen; unser Pfarrer ließ auf eigene Kosten einen neuen errichten. Diese erste Verbesserung erforderte indessen bald eine zweite; die Chorstühle stachen mit ihrem alten Getäfel sehr ab. Ein Schreiner des Dorfes unternahm es, sie wiederherzustellen, und arbeitete mit großem Fleiß daran. Zwar würde ein Kennerauge über seine Arbeit kaum befriedigt gewesen sein, aber die Einwohner von Ars fanden es wunderschön und waren sehr erfreut darüber. Die Sorge für die Ausschmückung der Kirche nahm nun die ganze Tätigkeit unseres Pfarrers in Anspruch; bald beteiligten sich auch die Pfarrangehörigen nach Kräften an der Zierde des Gotteshauses und bereiteten ihrem Pfarrer mancherlei Überraschungen.

Damals hatte sich das Fronleichnamsfest in Frankreich noch erhalten, und gewöhnlich war die Prozession nur auf die Kirche beschränkt. Vianney war es ein großes Anliegen, dieses Fest und die Prozession so feierlich und ergreifend zu gestalten, wie nur möglich. Eingedenk der Liebe des göttlichen Heilandes zu den Kindern kleidete er eine Anzahl kleiner Kinder ganz in Weiß, die dann dem hochwürdigsten Gut vorausgehen sollten. Vorher sprach er jedoch mit seiner gewinnenden Herzensgüte zu ihnen:

„Nun, liebe Kinder, müsst ihr aber recht artig, andächtig und bescheiden sein. Bedenkt, dass ihr den Heiland selbst begleitet und ihr die Stelle der Engel vertreten sollt. Sagt aus vollster Seele zu dem lieben Jesus: ‚Mein Gott, ich liebe dich!‘ Wollt ihr indessen dem göttlichen Heiland gefallen, so müssen eure Seelen so rein sein wie eure Kleider.“

Diese liebevollen Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Die kleine Schar zeigte eine so schöne Haltung, dass die ganze Gemeinde gerührt, erbaut und erfreut über ihre Kinder war.

Die Kunde von dem Eifer unseres Pfarrers für die Ausschmückung des Gotteshauses kam dem Vicomte von Ars in Paris zu Ohren. Auch er liebte die Zierde des Gotteshauses und wollte dem Pfarrer nicht nachstehen. Demgemäß sandte er von Paris aus sechs Leuchter, zwei große Reliquiare und einen Tabernakel aus vergoldetem Kupfer von ausgezeichneter Arbeit. Später folgte ein prächtiger Traghimmel, reiche Fahnen, prächtige Messgewänder und schließlich eine große Monstranz aus Silber, im Feuer vergoldet. Alle diese Geschenke waren mit Ausdrücken von Liebe und Verehrung seitens des großmütigen Grafen begleitet.

Man denke sich die Freude unseres Pfarrers beim Anblick dieser reichen Geschenke! Er vergoss Freudentränen und erflehte Gottes reichsten Segen für den Wohltäter seiner Kirche. Er wusste nicht, wie er Gott danken sollte für das ihm zuteilgewordene Glück. Am Sonntag darauf schlug er seiner Gemeinde vor, in Prozession nach Fourvières (einem Wallfahrtsort) zu ziehen, um dort die allerseligste Jungfrau zum Dank für all diese Schätze zu verehren und sich ihr zu weihen. Jedermann war mit diesem Vorschlag zufrieden, und das Vorhaben wurde am Fest des heiligen Sixtus, des Kirchenpatrons, ausgeführt.

Schon vor Tagesanbruch versammelte sich die Gemeinde in der Kirche, und die Prozession begann. In allen Orten, durch die sie zog, erbaute man sich und betrachtete sie staunend – nicht so sehr wegen der Pracht der Fahnen und Paramente, sondern vor allem wegen des Pfarrers mit seinen bleichen, abgetöteten Zügen und seinem heiligen Ausdruck, der über seine ganze Person ausgegossen war.

Nach einem kurzen Aufenthalt an den Ufern der Saône setzte man die Pilgerschaft auf Barken fort und kam so früh in Lyon an, dass der Pfarrer dort die heilige Messe lesen konnte, bei der die größte Zahl der Pfarrkinder die heilige Kommunion empfing. Dieser Tag ist allen daran Beteiligten unvergesslich geblieben.

Durch den frommen Eifer Vianneys hatte sich seine Kirche nach und nach umgestaltet und verschönert; durch die fünf Kapellen, die der Pfarrer ganz nach seinem Plan anbauen ließ, wurde sie auch bedeutend vergrößert. Unter diesen Kapellen wurde die an der Nordseite, der Muttergotteskapelle gegenüber, zuerst gebaut; er weihte sie seinem heiligen Namenspatron. Hieran knüpfen die Bewohner von Ars die Sage, der heilige Vorläufer sei dem Pfarrer in der heiligen Messe erschienen und habe ihm gesagt, er wolle in dieser Kirche besonders verehrt werden. Auf seine Fürbitte hin würden sich viele Sünder bekehren. Diese Sage gründet sich auf einige Worte, die der Pfarrer einmal hatte fallen lassen. Wie es sich nun auch mit der Erscheinung verhalten mag, so knüpft sich an die Gründung dieser Kapelle ein eigentümlicher Umstand. Als der Bau derselben vollendet war, war unser Pfarrer in großer Verlegenheit, weil er kein Geld zur Bezahlung der Arbeiter hatte. Tief niedergedrückt griff er auch jetzt wieder zu seinem gewöhnlichen Hilfsmittel; er nahm seinen Rosenkranz und ging ins Freie. Am Ende des Dorfes sah er einen Reiter auf sich zukommen, der ihn ehrfurchtsvoll anredete und sich nach seiner Gesundheit erkundigte.

„Ich bin nicht krank“, war Vianneys Antwort, „aber ich habe großes Leid.“

„Wie, Ihre Pfarrkinder tun Ihnen so großes Leid an?“

„Oh nein, mein Herr, im Gegenteil, sie sind besser, als ich verdiene. Was mich drückt, ist eine andere Angelegenheit. Ich habe eine Kapelle gebaut und nun kann ich meine Arbeiter nicht bezahlen.“

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als es ihn reute, weil er fürchtete, der Fremde möchte es als eine Bettelei ansehen. Demgemäß wollte er sich verabschieden; der Fremde aber zog 25 Goldstücke aus der Tasche und sprach: „Hier, Herr Pfarrer, ist Geld, wovon Sie die Arbeiter bezahlen können.“ Mit diesen Worten sprengte er davon, bevor der erstaunte Pfarrer Zeit zum Danken fand. Wir werden später sehen, dass dies nicht das einzige Mal war, wo ihm solch geheimnisvolle, unerwartete Hilfe zuteilwurde.

Ein ehemaliger Studiengenosse des Pfarrers, der nun Bischof war, kam zur Einweihung der Kapelle, und die Feier fand unter großem Zudrang von Gläubigen statt. Der Bischof predigte über die Buße, wie einst der Patron der Kapelle an den Ufern des Jordan.

In dieser Kapelle muss Vianney irgendeine wunderbare Erscheinung oder Offenbarung oder etwas dergleichen gehabt haben, wie dies aus einigen an seine Pfarrkinder gerichteten Worten, die ihm eines Tages entschlüpften, hervorgeht. Soviel ist sicher, dass ihm die Kapelle des hl. Johannes stets lieb und teuer war, und ebenso sicher ist, dass hier für viele Seelen der Augenblick der Gnade gekommen war. Denn hier stand der Beichtstuhl unseres Pfarrers, in dem er besonders in den letzten Jahren fast alle seine Tage verbrachte, umgeben von einer großen Anzahl von Gläubigen, die oft aus weiter Ferne hierher pilgerten.

Die zweite Kapelle errichtete Vianney dann zur Verehrung der heiligen Philomena. Die Verehrung dieser Heiligen war damals noch wenig bekannt, weil erst im Jahr 1802 der Leichnam derselben auf dem Kirchhof der heiligen Priscilla aufgefunden worden war. Anfänglich verblieben die Reliquien in Rom, später kamen sie nach Mugnano in Neapel. Dort geschahen durch die Fürbitte der Heiligen mehrere Wunder, sodass ihre Verehrung immer allgemeiner wurde, auch nach Frankreich drang und besonders durch den Pfarrer von Ars immer mehr Verbreitung fand. Die drei anderen Kapellen waren die der hl. Jungfrau, der Engel und schließlich die Ecce-homo-Kapelle. Alle diese Kapellen waren jedoch höchst einfach; sie erschienen nicht als ein Werk der Kunst, aber sie waren sämtlich würdevoll gestaltet, durch Statuen und insbesondere durch Bilder geschmückt und luden zur Andacht ein.

In dem Maße, wie der Ruf des frommen Pfarrers sich weiter ausbreitete, wuchs auch der Zustrom der Fremden, die bei ihm Trost und Hilfe für ihr Seelenheil suchten. Viele fanden hier die Gnade der Bekehrung, zuweilen auch Heilung von körperlichen Gebrechen, und verließen diesen Ort der Gnade dann gestärkt und voller heiliger Entschlüsse.