Sechstes Hauptstück - Durch die heilige Filomena geschah wunderbare Vermehrung verschiedener Dinge.


1. Die Lampe

Ein junges Mädchen, Namens Raphaela, die unter dem Schutze der heiligen Filomena Gott ihre Jungfrauschaft geweiht hatte, und mitten in der Welt lebte, hatte seit einiger Zeit große innerliche Leiden. Mit ihren zwei Schwestern, die auch durch das Gelübde der Jungfrauschaft sich Gott geweiht hatten, bat sie die Heilige, ihrem innerlichen Leiden einmal ein Ende zu machen. Einstmals erschien ihr im Schlafe ihre schon vor einiger Zeit gestorbene Mutter, nannte sie beim Namen, und trug ihr auf, am Freitage, als am Tage des Märtyrertodes der Filomena, eine Lampe vor ihrem Bilde anzuzünden, und dies Licht bis zum kommenden Samstag zu unterhalten. Das gottesfürchtige Mädchen traute ihrem Traume nicht, und fragte hierüber ihren Beichtvater; von ihrer wahren Frömmigkeit überzeugt, hieß er ihr die Befolgung des Auftrages gut.

Die Lampe wurde zurechtgerichtet; aber das wenige Öl, das nun in der Lampe brannte, war gleich fam das ganze Vermögen des armen Mädchens. Daher sprach sie mit frommer Herzenseinfalt zu Filomena: » Meine liebe Heilige, ich bitte dich, mit dem wenigen Öl, das in der Lampe ist, dich zu begnügen; du weißt, ich habe keines mehr; und willst du, dass die Lampe bis morgen brenne, so besorge es selbst.« – Obschon das Öl in der Lampe kaum für den dritten Teil des Tages hinreichen konnte, so brannte das Licht dennoch den ganzen Tag, und in der Lampe war am Samstage eben so viel Öl, als vorher. Dies Wunder währte zwei Jahre lang, aber so, dass das Öl sich manchmal in gleicher Höhe erhielt, andermal hingegen sich verminderte.

Dies ist aber nicht das einzige Wunder dieser Art, dass Gott nämlich Öl vermehrte, welches zu Ehren der heiligen Filomena gebrannt wurde.

2. Bilder der Filomena werden wunderbarer Weife vermehrt.

Der Bischof von Lucera hatte schon mehrmals vom Priester Francesko Bilder der Filomena begehrt, die er in seinem Bistum verteilen wollte. Einstmals wollte Francesko selbst ihm solche Bilder überbringen, aber der Bischof, voll Sehnsucht, sie so bald als möglich zu bekommen, wollte seine Ankunft nicht abwarten, sondern schickte sogleich einen Priester um diese Bilder. Francesko gab diesem Priester sogleich Bilder, und behielt für sich von mehreren Hunderten derselben nur einige vierzig. Als der Bischof die Bilder erhielt, beklagte er sich, die Anzahl der Bilder sei zu klein, und schickte sogleich wieder an Francesko um Bilder. Francesko antwortete, er werde nach Mugnano um Bilder schreiben, da er nur wenige Bilder für sich zurückbehalten habe.

Nach einigen Stunden wollte Francesko die Bilder, die er noch hatte, einigen Bekannten austeilen. Er öffnete die Schachtel, worin sich die Bilder befanden, und zu seinem größten Erstaunen sah er statt der einigen vierzig Stück Bilder drei ganze Päckchen, jedes zu hundert Stück. Francesko eilte mit der Schachtel in die bischöfliche Wohnung, und erzählte hier die wunderbare Vermehrung der Bilder; man verglich die ersten Bilder mit denen, welche durch ein Wunder ihr Dasein hatten, und fand sie vollkommen ähnlich; nur war in der Beschaffenheit des Papiers und in den Zügen der Filomena ein auffallender Unterschied; die letzteren waren schöner als die ersten.

3. Vermehrung der Bücher, welche den Bericht von der heil. Filomena enthielten.

Die zweite Auflage des geschichtlichen Berichtes von der heiligen Filomena wurde zu Neapel gedruckt; die noch übrigen Stücke von dieser Auflage wurden nach Mugnano gebracht, um die Nachfragenden desto leichter zu befriedigen. Der Priester Francesko hatte nun die Stücke in seinem eigenen Haufe. Er ordnete diese Bücher in einem großen Korbe in fünf Stöße; jeder Stoß hatte fünf und vierzig Stücke; vier Stöße bedeckte er sorgfältig, um sie gegen Staub zu verwahren. Der auswärts stehende Stoß, den er nicht bedeckte, war zum baldigen Verkauf bestimmt. Von diesem Stoße gab man vom Ende des Junis an bis zur Mitte des Novembers immer Bücher her, ohne dass der Stoß abnahm.

Ob schon dies dem Verkäufer auffallend war, kam ihm dennoch nie der Gedanke, hier liege ein Wunder zum Grunde. Gegen die Mitte Novembers pilgerten mehrere Personen an den Gnadenort der Filomena, und wollten solche Bücher mit sich nehmen. Francesko gab sie diesmal unentgeltlich. Nachher ging er aus, schloss die Thür, nahm den Schlüssel zu sich, und kehrte erst bei eintretender Nacht zurück nach Haus. Sein Bedienter brachte ihm Licht, und nun traten beide ins Zimmer. Wie staunte Francesko, als er den ganzen Boden des Zimmers mit Büchern bedeckt sah, die regelmäßig gelegt waren! Die Sache war ihm unerklärbar, da bei verschlossener Tür niemand ins Haus gekommen war. Er verschob die Untersuchung auf den andern Tag, und sorgte dafür, dass in seinem Zimmer nichts von seiner Stelle verrückt wurde.

Am Morgen betrachtete er alles mit großer Aufmerksamkeit, und sah, die Bücherstöße in dem Korbe seien unberührt geblieben; jetzt zählte er die Bücher, die auf dem Boden lagen; es waren zwei und sechzig an der Zahl. Nun schloss er sein Zimmer wieder, und verfügte sich (begab sich) in die Kirche, um das wunderbare Ereignis von mehreren Zeugen bestätigen zu lassen. Er traf in der Kirche einige seiner Bekannten an, die seine Zurechtlegung der Bücher gesehen hatten; er bat sie, zu ihm zu kommen, und die auf dem Boden liegenden Bücher sorgfältig zu untersuchen, und ihm dann zu sagen, was sie von der Sache dächten. Sie alle hielten das Ereignis für etwas Wunderbares. , Francesko zählte nun die Bücher, die er von dem einzigen Stoß teils verkauft, teils unentgeltlich verteilt hatte; und, obschon der Bücherstoß nur fünf und vierzig Stücke enthalten hatte, so belief sich die Anzahl derselben bereits über fünf hundert. Da war nun das Wunder der Vermehrung augenscheinlich.

Francesko und sein Bruder beschäftigten sich gegen 10 Uhr abends mit gewissen Gegenständen, welche für die heilige Filomena bestimmt waren. Plötzlich hörten sie im angrenzenden Zimmer ein großes Getöse, worüber sie erschraken. Sie sahen einander staunend an, beratschlagten, was zu tun sei, und zögerten eine Weile; dann gingen sie voll des Vertrauens auf die heilige Filomena gerade an den Ort hin, woher das Getöse zu kommen schien. Alsbald sahen sie ein abermaliges Wunder der Vermehrung der Bücher; – über die Stellung dieser Bücher staunten sie noch mehr, als über die Vermehrung selbst: einige derselben waren halb offen gegen den Boden gekehrt, ohne dass das Inwendige vom Staube berührt war; andere befanden sich waagrecht auf der Lehne oder auf eine sonderbare Weise auf dem Sitze der Sessel; und andere waren gegen die Wand gekehrt. Das ganze bot einen lieblichen Anblick dar. Francesko ließ diese Bücher einige Wochen unberührt; viele Personen konnten dieselben bequem betrachten. Man fand, es belaufe sich die Vermehrung auf neunzehn Stücke; sie waren den andern ganz gleich. Nach einiger Zeit wurden sie an verschiedene fromme und angesehene Personen verteilt.

Wunder in Vermehrung der Bücher von Filomena geschahen auch anderswo.
Titel: Die heilige Filomena, Jungfrau und Märtyrerin - die Wunderthäterin des neunzehnten Jahrhunderts